Kurzfassung – Handreichung

Die „verbrannten Orte“ und die verfolgten Autor*innen

In dieser auf zwei Unterrichtsstunden angelegten Kurzfassung der drei Module werden wesentliche Inhalte zur Arbeit mit dem Online-Atlas „Verbrannte Orte“ eingebracht: visueller Einstieg in das Thema mittels Fotografien, Sachinformationen, biografische Recherche mittels angeleiteter Internetrecherche, kreative Ergebnissicherung

  • Dauer: ca. 90 min.
  • Zielgruppe für das Modul: ab 15 Jahren/9. Klasse Gymnasium
  • Sozialform: Unterrichtsgespräch, Einzelarbeit, Gruppenarbeit
  • Methode: Unterrichtsgespräch anhand von Fotografien, Recherche in Online-Portalen und im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, kreative Ergebnissicherung
  • Material: Fotopostkarten von Orten der Bücherverbrennungen (über den Verein „Verbrannte Orte“ zu beziehen unter: https://verbrannte-orte.de/) oder deren digitale Entsprechungen direkt auf der Seite
  • Hilfsmittel:  Etherpad (https://etherpad.org/). Sollte keine selbstgehostete Etherpad Instanz an der Schule vorhanden sein, können folgende freie und datensparsame Instanzen verwendet werden. https://pad.systemli.org/ und https://pad.riseup.net/

Die Bearbeitung der Aufgaben kann von den Schülerinnen und Schülern selbstständig vorgenommen werden. Es sollte aber einen von der Lehrer*in angeleiteten und moderierten Einstieg geben, um die Schüler*innen auf das Thema „Bücherverbrennungen 1933“ und das selbstgesteuerte Lernen mit den Online-Materialien einzustimmen. Mit Hilfe eines Etherpads oder ähnlicher Formate kann das Unterrichtsgespräch auch digital erfolgen. Für die Moderation empfiehlt sich die Chatfunktion dieser Tools. Die Fotografien können von den Schüler*innen selbst im Portal unter https://verbrannte-orte.de/ heruntergeladen werden.

1. Visueller Einstieg:

Die 19 Fotografien sind Auszüge aus dem Online-Atlas „Verbrannte Orte“. Sie stammen von dem Initiator der Projekts, Jan Schenck. Zu sehen sind Plätze von Bücherverbrennungen in ihrem gegenwärtigen Zustand. Die ausgewählten Städte liegen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Hessen, Thüringen und Sachsen, zudem sind mehrere Orte in Hamburg dokumentiert. Die Bilder sind seit 2015 sukzessive aufgenommen und in den Atlas eingestellt worden. Der ggf. seitdem wiederum veränderte Zustand des fotografierten Ortes kann ebenfalls mit den Schüler*innen diskutiert werden.

Im eröffnenden Unterrichtsgespräch werden die Fotografien als Impuls für eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Bücherverbrennungen 1933“ benutzt. Sie dienen der Integration des Themas in die Alltagswelt der Jugendlichen und bieten zudem einen Diskussionsansatz durch ihre künstlerisch-verfremdende Sichtweise.

Die Schüler*innen wählen sich je eine Fotografie aus.

Das ausgewählte Bild wird unter den folgenden Leitfragen für einige Minuten betrachtet und anschließend diskutiert:

  • Was ist auf dem Bild genau zu sehen?
  • Wie wirkt der dargestellte Ort auf mich?
  • Wie lässt sich ein Bezug zu dem historischen Geschehen der Bücherverbrennung herstellen?
  • Wie ist der Ort vom Fotografen in Szene gesetzt?

Um eine Überleitung zur Nutzung des Online-Atlas zu schaffen, kann der auf der Rückseite der Postkarte angegebene Ort auf der Karte gesucht werden. Bei einigen Orten sind Quellen und Dokumente hinterlegt. Dazu ist anzumerken, dass nicht alle Orte mit einer annähernd gleichen Menge an Hintergrundinformationen ausgestattet sind. Darin spiegelt sich der gegenwärtige wissenschaftliche Informationsstand wider. Anregung für die weiterführende Arbeit: Durch lokale Recherchen kann dieser in Verbindung mit dem Verein „Verbrannte Orte“ ergänzt werden.

2. Sachinformationen zum Thema „Bücherverbrennungen 1933“:

Die Schülerinnen und Schüler sehen sich im Internet den

Schulfilm „Literatur des 20. Jahrhunderts – Bücherverbrennung“ an: https://www.youtube.com/watch?v=Ua3gs3maRpM1

Anschließend vertiefen sie ihr Wissen durch die Lektüre des Textes „Die Bücherverbrennungen“ auf der Webseite verbrannte-orte.de. Auf der dort enthaltenen Liste verbrannter Bücher suchen sie ihnen bekannte Autor*innen heraus. Über das Etherpad kann eine kurze Rückmeldung zum Informationsstand erbeten werden.

3. Die Bedeutung der Bücherverbrennungen für die „verbrannten“ Autor*innen –

Lebenswege erkunden

Für die Autor*innen, deren Bücher öffentlich verbrannt und/oder verboten wurden, bedeutete dieses Ereignis den Auftakt der Verfolgung und Entrechtung. Auch Autoren, die in Deutschland blieben, wie beispielsweise der der Berliner Bücherverbrennung geschockt beiwohnende Erich Kästner, kämpften mit Einschränkungen ihrer beruflichen Möglichkeiten und ständiger Bedrohung seitens der Staatsmacht. Für jüdische oder politisch engagierte Autor*innen aber bedeuteten die Bücherverbrennungen eine Bedrohung ihrer physischen Existenz. Prägnant und prophetisch liest sich in diesem Zusammenhang das bekannte Zitat von Heinrich Heine aus der 1823 veröffentlichten Tragödie „Almansor“. Dieses kann als Einleitung für die biografischen Recherchen für die Schüler*innen herangezogen werden:

Almansor:

Wir hörten daß der furchtbare Ximenes,

Inmitten auf dem Markte, zu Granada –

Mir starrt die Zung im Munde – den Koran

In eines Scheiterhaufens Flamme warf!

Hassan:

Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher

Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.2

Aus der Vielzahl der verfolgten Autor*innen wird für die biografische Recherche Stefan Zweig herausgegriffen. Viele seiner Werke fielen den Bücherverbrennungen 1933 in Deutschland und 1938 auch in Österreich zum Opfer. Als Pazifist und überzeugter Europäer, österreichischer Jude, weit gereister Weltbürger und erfolgreicher Schriftsteller floh Zweig 1934 nach einer Hausdurchsuchung von Salzburg nach London. 1940 ging er nach New York. Über Argentinien und Paraguay reiste er 1941 nach Brasilien aus und erhielt dort Asyl. Dort nahm er sich 1942 zusammen mit seiner zweiten Frau Lotte, geborene Altmann, das Leben. Die Bücherverbrennungen werden vor diesem Hintergrund zum Auftakt für eine Odyssee Zweigs um die halbe Welt, bezogen auf das Schicksal aller verfemter Autor*innen können sie als Auftakt für eine zwölfjährige Gewaltherrschaft gesehen werden. Ihre Symbolik ist dabei mit den Schüler*innen eigens zu diskutieren.

Die Schüler*innen sollen sich mit Hilfe folgender Portale selbst über Leben und Werk Stefan Zweigs informieren:

  • „Künste im Exil“3:

https://kuenste-im-exil.de/KIE/Content/DE/Personen/zweig-stefan.html

  • „Bibliothek verbrannter Bücher“4:
  • „Lemo – Lebendiges Museum online“5:

https://www.dhm.de/lemo/biografie/stefan-zweig

4. Kreative Ergebnissicherung

Als Ergebnissicherung bietet sich das Verfassen einer Kurzbiografie von Stefan Zweig an. Um weiterführende Informationen zu Stefan Zweig zu erhalten, kann anhand des Katalogs der Deutschen Nationalbibliothek in die Bibliotheksrecherche eingeführt werden.

Es kann aber auch ein Plakat mit Zweigs Lebensstationen mit Hilfe eines Grafikprogramms oder analog gestaltet werden. Schließlich kann eine Gedenkveranstaltung an der Schule zum Tag der Bücherverbrennung am 10. Mai organisiert werden, bei der aus Werken Zweigs vorgetragen wird.

Weiterführende Anregungen:

Für einen fächerübergreifenden Unterricht können die „Schachnovelle“ oder Zweigs Erinnerungen „Die Welt von gestern“ gelesen werden.

Über den Katalog der Deutschen Nationalbibliotheke sind beide Werke im Volltext online in den im Exil veröffentlichten Ausgaben einsehbar:

„Schachnovelle“ (Stockholm 1943; Erstausgabe 1942 im Verlag Pigmalion, Buenos Aires):

https://portal.dnb.de/opac.htm?method=showFullRecord&currentResultId=woe+all+%22Stefan+Zweig%22%26any%26online%26onlinefree&currentPosition=43

„Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers“ (Stockholm 1942):

https://portal.dnb.de/opac.htm?method=showFullRecord&currentResultId=tit+all+%22Die+welt+von+gestern%22+and+per%3D%22Zweig%22+and+jhr%3D1942%26any&currentPosition=1

Eine kurze Lesung aus dem letztgenannten Werk ist ebenfalls über die Deutsche Nationalbibliothek unter „Europa lesen“ anzuhören:

https://www.dnb.de/DE/Kulturell/EuropaLesen/europaLesen_node.html

Autorin: Nina-Kathrin Behr

1 Schulfilm: Literatur des 20. Jahrhunderts – Bücherverbrennung. – Münster: Anne Roerkohl dokumentarfilm GmbH, 2015.

Gesehen: 07.10.2020

Verwendung für Unterrichtszwecke

2 Heine, Heinrich: Almansor. Eine Tragödie // In: Ders.: Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. Bd. 5 Almansor […] / bearbeitet von Manfred Windfuhr. – Hamburg: Hoffmann und Campe, 1994. – S. 16, Vers 243f.

3 Künste im Exil [Virtuelle Ausstellung]. – Stand: 2020. – Frankfurt am Main: Deutsches Exilarchiv 1933–1945 an der Deutschen Nationalbibliothek, 2012. – 1 Online-Ressource

https://kuenste-im-exil.de/KIE/Web/DE/Home/home.html

Gesehen: 07.10.2020

4 Bibliothek verbrannter Bücher. – Stand: 2020. – Potsdam: Moses Mendelssohn Zentrum, 2008. – 1 Online-Ressource

http://www.verbrannte-buecher.de/

Gesehen: 07.10.2020

5 Lemo – Lebendiges Museum online. – Stand: 2020. – Bonn u. a.: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland u. a., 1998. – 1 Online-Ressource

https://www.dhm.de/lemo

Gesehen: 07.10.2020